EIN VERHÄNGNISVOLLES EREIGNIS
Die Sonne ging sanft über der spätsommerlichen Wiese auf. Die meisten Blumen schliefen noch tief und fest, eng umschlungen von ihren Blütenblättern. Doch in nur wenigen Stunden würde sich die Wiese von einem Meer aus glitzerndem Morgentau in einen Ozean von Farben verwandeln, vibrierend vom Summen der Bienen, dem Flattern der Schmetterlinge und dem Zirpen der Heuschrecken und anderen Insekten.
Ein Sonnenstrahl kitzelte Sternenblumes Nase. Sie streckte ihre schlanken Arme und Beine aus und schüttelte den Morgentau von ihren Flügeln. Ihr transparenter Körper war durchflutet von milchigen Schleiern, die zartrosa und blau schimmerten. Sternen-blume hatte die Nacht auf dem Blatt eines Fingerhuts verbracht. Ihre Mutter, Melianthe, und Vater, Trillium, schliefen auf dem Blatt neben ihr.
Sternenblume und ihre Eltern sind Wiesenfeen. Dies sind kleine, zarte Kreaturen, nicht größer als ein großer Schmetterling. Sie haben kristallene, schimmernde Körper und Flügel, welche die Farben des Himmels und der Blumen um sie herum reflektieren. Sie verändern sich ständig und sind immer teilweise unsichtbar, wie glitzernde Lichtreflektionen auf dem Wasser. Sie können sich auch vollkommen unsichtbar machen oder nur die Farbe ihrer Flügel verändern, um wie Schmetterlinge auszusehen, weshalb sie unglaublich schwer zu finden sind.
„Es ist so ein schöner Morgen, Mutter“, sagte Sternenblume, „darf ich mit Sonnentropfen spielen gehen? Bitte Mutter, darf ich?“ Wiesenfeen jeden Alters lieben es zu spielen, doch die Jungen ganz besonders.
„Aber natürlich darfst du“, antwortete ihre Mutter, „aber sei bald wieder zurück. Wir müssen heute noch Nektar sammeln. Der Sommer neigt sich dem Ende und wir müssen sicherstellen, dass wir genügend Nektar und Honigtau für die kälteren Monate haben.“
„Mach ich, Mutter. Bis später“, rief Sternenblume, die sich schon auf den Weg zu ihrer besten Freundin Sonnentropfen gemacht hatte.
Wiesenfeen-Familien leben über die gesamte Wiese verstreut und ändern jede Nacht ihren Schlafplatz, um zu verhindern entdeckt zu werden. Doch Familien die sich gut kennen bleiben für gewöhnlich in der Nähe. Deshalb dauerte es auch nicht lange bis Sternenblume Sonnentropfen und ihre Familie gefunden hatte.
Sonnentropfen genoss es sich den Sonnenaufgang anzusehen, ihre Flügel in der Sonne zu wärmen, und dabei einen Schluck frischen Morgentau zu trinken. Ganz im Gegenteil zu ihrer Freundin Sternenblume, die immer sofort unterwegs war sobald die Sonne ihre ersten zarten Sonnenstrahlen über die Wiese streckte.
„Guten Morgen, Sternenblume“, rief Sonnentropfen. Sie hatte Sternenblume bereits auf sich zu flattern gesehen. „Du bist ja früh wach…wie üblich“, ergänzte sie mit einem Lachen, dass sich wie Kristallglöckchen anhörte.
„Guten Morgen!“ Sternenblume lächelte ihre Freundin und ihre Familie an. „Nichts geht über einen erfrischenden Flug durch den Morgennebel! Lass und losfliegen, Sonnentropfen. Ich habe wunderbare Spinn-weben auf dem Weg hierher gesehen.“
„Oh, das hört sich wunderbar an! Darf ich, Mutter, Vater?“
„Ab mit dir“, sagte ihr Vater, Vervain, „aber seid rechtzeitig zum Nektar sammeln zurück ihr zwei!“
„Machen wir.“ Die Mädchen lachten gemeinsam und flatterten wie tanzende Lichtflecken davon.
Nun, du magst dich vielleicht wundern: „Was ist denn so toll an klebrigen Spinnweben?“ Siehst du, für eine Wiesenfee ist ein Spinnennetz voller Morgentautropfen etwas ganz Aufregendes. Wenn die Morgensonne genau im richtigen Winkel darauf scheint, dann entsteht daraus ein wunderbarer Anblick aus kleineren und größeren Regenbögen, was nicht nur unglaublich hübsch aussieht, sondern auch ein ganz toller Spielplatz ist. Wiesenfeen können auf diesen Regenbögen hinunterrutschen, genauso wie Menschenkinder auf Rutschen auf dem Spielplatz. Die ganz großen Regen-bögen die du am Himmel sehen kannst, können natürlich nur von Kobolden benutzt werden.
Sternenblume und Sonnentropfen hatten Glück. Schon von Weitem konnten sie den kaleidoskopischen Tanz der Regenbögen, die auf den Spinnennetzen schimmerten, sehen. Sie rutschten zuerst einen Regen-bogen hinunter, dann noch einen, und noch einen, bis sie ganz außer Atem waren und vor Vergnügen kicherten.
„Oh, sei vorsichtig!“ rief Sonnentropfen Sternenblume zu, die sich so sehr beeilte zum nächsten Regenbogen zu kommen, dass sich ihre Flügel beinahe im Netz verfingen. Glücklicherweise gelang es ihr gerade noch rechtzeitig die Richtung zu ändern. Wiesenfeen mögen unsterblich sein, doch sie können sich trotzdem verletzen, besonders an ihren zarten Flügeln.
Doch schon bald waren kaum noch Tautropfen übrig und die Sonne stand höher am Himmel. Die kleinen Feenmädchen hatten nun ein milchiges Gelb angenommen. Blasse Wolken aus Blau, Violet, Rot und Pink waberten durch ihre Körper so wie sie an den farbenfrohen Wiesenblumen vorbeiflatterten, die nun langsam ihre Gesichter der warmen Morgensonne zuwendeten.
„Lass uns ‚Hüpfblume‘ spielen“, rief Sonnentropfen, und sie flogen von einer Blume zur nächsten und hüpften dabei, unentwegt kichernd, auf jede Blüte, bis auch die letzten Tautropfen abgeschüttelt waren. Ein besonders großer Tropfen landete auf einem Grashüpfer unter ihnen. Er sah nicht besonders erfreut darüber aus, während er sich das Wasser von den Flügeln wischte.
„Das tut mir so leid“, rief Sternenblume über ihre Schulter hinweg. Aber sie war schon zu weit weg für den Grashüpfer, um sie zu hören. Schließlich ließen sie sich auf einer großen purpurnen Blüte eines Blauen Eisenhuts nieder und blickten über die Wiese.
„Ich schätze es wird bald Herbst sein“, sagte Sonnentropfen. „Viele Blumen verlieren bereits ihre Blütenblätter und die Gräser sehen eher gelb und nicht mehr saftig grün aus.“
„Du hast recht. Die Nächte werden nun auch kälter, und die Tage sind so viel kürzer und nicht mehr so warm. Ich schätze wir fliegen besser zurück und helfen unseren Eltern mit dem Nektar.“
Wiesenfeen lagern kein Essen oder Trinken über die Frühlings- und Sommermonate. Es gibt für alle mehr als genug Blumennektar zu trinken und jeder schmeckt ein bisschen anders. Mancher ist richtig süß, während anderer einen sauren oder bitteren Nachgeschmack hat, und wieder Anderer prickelt ein bisschen auf der Zunge. Feen trinken auch den frischen Morgentau von den Blüten und Blättern. Für eine besondere Leckerei bitten sie die Bienen um etwas Wiesenhonig, oder sie bereiten ein würziges Getränk aus den winzigen Samen der Wiesengräser. Doch gegen Ende des Sommers beginnen die Wiesenfeen Nektar für die kühleren Monate zu lagern, wenn die Blumen ihre Blüten verloren haben und die Wiese langsam verwelkt, nur um im nächsten Jahr mit erneuter Kraft und Farbe zurückzukehren. In dieser Zeit halten sie Winterschlaf bis zum Frühjahr, da ihnen das kalte und nasse Wetter nicht besonders bekommt. Sobald die letzten Wiesen-blumen verwelkt sind, begeben sie sich zu den Gestein-feen, die in Trockenmauern entlang von Feldern und Wäldern leben. Sie verbringen einige Wochen in gegenseitiger Gesellschaft in denen sie Geschichten und Weisheiten der Alten austauschen, und ihr kurzes Beisammensein feiern. Bis zum Novemberabend, wenn sich die Wiesenfeen in die verborgensten und geschütztesten Winkel in der Mauer für ihren Winter-schlaf zurückziehen. Die Steinfeen wachen über sie und genießen den Nektar und Honigtau, den die Wiesenfeen mitgebracht haben. Dabei behalten sie immer etwas übrig, damit die Wiesenfeen etwas zu trinken haben, wenn sie wieder aufwachen. Das gibt ihnen Kraft für die Reise zurück zu ihren Wiesen.
Sternenblume und Sonnentropfen fanden ihre Eltern, die bereits den Nektar von den noch blühenden Blumen sammelten.
„Da seid ihr ja!“ rief Melianthe. „Wir dachten schon ihr habt eure Arbeiten heute schon ganz vergessen.“
Sie hatte ein funkeln in ihren Augen und ein Lächeln auf ihren Lippen. Sie hatte noch nie wirklich böse sein können auf ihre Tochter. Wer mochte denn nicht ein bisschen Spaß und Freude haben?
„Wir haben bereits diese Kornradeblüten gefüllt“, sagte Sonnentropfens Mutter, Goldglöckchen, und zeigte auf einige trichterförmige Blüten, die behutsam mit Wiesengras zusammengebunden waren. „Könnt ihr die bitte zum Bau bringen? Aber seid vorsichtig, dass sie nicht runterfallen!“
„Keine Sorge, Mutter, wir sind vorsichtig“, sagte Sonnentropfen, und beide Mädchen hoben eine Blüte auf und flatterten damit in Richtung Bau davon.
Da Wiesenfeen gewohnheitsmäßig ihren Schlafort ändern und für gewöhnlich nichts lagern, suchen sie sich einen leeren Hasenbau oder Tunnel, der von Maulwürfen, Ratten oder Mäusen zurückgelassen wurde, um ihre Nahrung für den Winter zu sammeln.
Umso näher die Feenmädchen dem Bau kamen, desto geschäftiger wurde die Wiese. Feen, nun hell in der Mittagssonne schimmernd, flatterten aus allen Richtungen der Wiese zum Bau. Alle waren so beschäftigt, dass Sternenblume und Sonnentropfen eine ganze Weile warten mussten, um ihre Blüten überhaupt abzugeben. Sobald sie den Bau betraten, waren sie überwältigt von der Menge an Nektar gefüllten Blüten um sie herum.
„Schau!“ rief Sternenblume aus. „Die Blüten sind bis zur Decke hoch gestapelt. Und es riecht so gut… lecker! Das macht mich richtig hungrig. Lass uns etwas Nektar für uns selbst suchen.“
„Aber wir müssen mindestens noch zwei weitere Wege hierher machen nur, um die Blüten, die unsere Eltern bereits gefüllt haben, abzuliefern. Wir können die doch nicht einfach liegen lassen.“
„Na gut, na gut. Dann lass uns losfliegen, aber danach essen wir und spielen Such die Fee.“
„Okay“, kicherte Sonnentropfen.
Aber es gab so viele Blüten zum Bau zu bringen, dass die Mädchen weder an diesem Tag, noch am nächsten oder übernächsten, Zeit zum Spielen hatten. Die Tage wurden schnell kürzer, kälter und windiger. Alle Feen waren damit beschäftigt die letzten Vorbe-reitungen für ihre Reise zu den Steinfeen zu treffen.
Das macht überhaupt keinen Spaß, dachte sich Sternenblume eines morgens. Ich will doch nicht die letzten Tage des Sommers damit verbringen Nektar zum Bau zu bringen. Sicherlich macht es nichts wenn ich ein bisschen spielen gehe? Nur für ein paar Stunden!
Der Morgen war kühl, und dunkle Wolken ballten sich am Himmel. Bald würde es regnen, doch das hielt Sternenblume nicht auf. Schon flatterte sie über die Wiese hinweg auf der Suche nach einem kleinen Abenteuer.
Ich werde erst Sonnentropfen suchen, dachte sie. Ich bin sicher sie möchte auch liebend gerne mitkommen.
Bald fand sie Sonnentropfen, die fleißig ihren Eltern half. Sonnentropfen machte sich gerade mit einer weiteren, mit köstlichem Nektar gefüllten Blüte auf den Weg. Sternenblume folgte ihr mit etwas Abstand bis ihre Eltern außer Sichtweite waren, dann holte sie sie schnell ein.
„Hallo, Sonnentropfen! Lass uns um die Wette fliegen!“
„Huch? Ach, du bist es!“ rief Sonnentropfen. „Solltest du nicht deinen Eltern helfen?“
„Ja, ich weiß. Aber die letzten Tage waren so lang-weilig, und dies ist wahrscheinlich unsere letzte Chance vor unserem Winterschlaf.“
„Ich weiß, Sternenblume, aber ich muss wirklich diese Blüte zum Bau bringen“, sagte Sonnentropfen, obwohl sie genauso gerne Spaß haben wollte wie Sternenblume.
„Du kannst sie hier verstecken und wir bringen sie später zusammen zum Bau. Wir werden nur für eine kurze Weile weg sein. Bitte, Sonnentropfen“, bettelte Sternenblume.
„Also gut, aber nur für ein bisschen.“
Sie versteckten die Blüte und flatterten davon. Beide Feenmädchen liebten es durch die Wiese um die Wette zu fliegen, vorbeisausend an Blumen und Gräsern die nun vom Wind ganz flachgeweht waren. Bald fing es auch an zu regnen, aber sie flogen immer schneller und schneller, bis…
„Hilfe!“
Ein starker Windstoß hatte Sonnentropfen herumgewirbelt und seitlich in die spitzen Haken einer Klette geweht! Die Haken spießten sie an ihren Flügeln auf und zerrissen sie.
„Sonnentropfen!“ keuchte Sternenblume. Sie kehrte um und flog zurück, um ihrer Freundin zu helfen.
„Komm nicht zu nah, Sternenblume, sonst geht es dir noch genauso.“
„Kannst du deine Flügel befreien?“
Sonnentropfen zappelte herum und versuchte ihre Flügel von den Haken zu lösen, aber das machte es nur noch schlimmer.
„Ich stecke fest! Du musst Hilfe holen, Sternenblume.“
„Das ist alles meine Schuld. Ich hätte dich niemals überreden dürfen mit mir zu kommen!“ rief Sternenblume.
„Es war meine eigene Entscheidung, aber du musst meine Eltern holen. Beeil dich! Jeder Windstoß treibt die Haken tiefer in meine Flügel.“
„Ich fliege so schnell wie ich kann!“ Sternenblume eilte zurück, um Hilfe zu holen, während die arme Sonnentropfen im Wind wiegend an den Haken aufgespießt war. Glücklicherweise empfinden Feen Schmerz nicht auf die gleiche Weise wie Menschen, ansonsten wäre dies eine sehr qualvolle Erfahrung für Sonnentropfen gewesen.
In der Zwischenzeit wurden ihre beiden Eltern unruhig. Sie hatten schon vermutet, dass sich ihre Töchter für ein paar Momente der Freiheit weggeschlichen hatten, aber nun waren sie doch eine ganze Weile weg, und es war eher untypisch, dass sie ihre Pflichten so lange vernachlässigten.
„Ich mache mir solche Sorgen, dass unserem lieben Kind etwas zugestoßen ist“, sagte Melianthe zu Trillium.
„Du sorgst dich zu viel, Melianthe. Sternenblume ist eine schlaue kleine Fee, sie kann sich um sich selbst kümmern.“
„Ich weiß, aber dennoch. Es wäre mir lieber wir würden nach ihr suchen. Lass uns zu Goldglöckchen und Vervain fliegen. Vielleicht ist sie dorthin geflogen, um mit Sonnentropfen zu spielen.“
Sie fanden sie bald beim Nektar sammeln an einigen Akeleien in der Nähe.
„Hallo Goldglöckchen, hast du Sternenblume gesehen?“
„Nein, ich fürchte nicht“, antwortete sie. „Aber Sonnentropfen ist auch noch nicht vom Bau zurückgekehrt. Sie spielen bestimmt ein bisschen. Obwohl, ich muss schon sagen, dass sie schon eine ganze Weile weg sind, und das Wetter schwingt um.“
„Wir sollten nach ihnen suchen. Ich befürchte, dass ihnen etwas zugestoßen ist“, sagte Melianthe.
„Aber wo sollen wir anfangen?“ fragte Trillium. „Die Wiese ist riesengroß, und was ist wenn sie in der Zwischenzeit zurückkommen?“
Gerade als Melianthe antworten wollte, sah sie ihre Tochter in großer Eile auf sich zufliegen. Völlig außer Atem landete sie auf dem Blatt neben ihrer Mutter.
„Wo ist Sonnentropfen?“ rief Goldglöckchen.
„Der Wind…Haken…kann…sich nicht…befreien“, keuchte Sternenblume.
„Komm erstmal zu Atem, Kind, und dann erzähl uns was passiert ist“, sagte Melianthe und versuchte ihre Tochter zu beruhigen.
Sternenblume nahm sich zusammen und erklärte etwas langsamer was geschehen war.
„Es tut mir so leid“, schluchzte sie.
„Komm, Sternenblume, kannst du uns den Weg zeigen? Wir müssen Sonnentropfen so schnell wie möglich befreien“, sagte Vervain.
Sie flogen alle gemeinsam los. Das Wetter wurde immer schlechter. Schwarze Wolken türmten sich am Himmel auf und der Wind pfiff über die Wiese.
Und wie war es der armen Sonnentropfen in der ganzen Zeit ergangen? Sie hatte verzweifelt versucht sich selbst zu befreien, doch verletzte ihre Flügel dabei noch mehr. Der starke Wind presste sie immer wieder in die Haken der Klette. Nun versuchte sie so still wie möglich zu halten, in der Hoffnung, dass Sternenblume bald wieder mit ihren Eltern zurückkehren würde. Aber es wurde immer dunkler. Plötzlich sah sie im letzten Tageslicht eine Gruppe glitzernder Lichter direkt auf sich zukommen.
„Hier bin ich!“ Sonnentropfen rief so laut wie sie nur konnte. Sie hatten sie gefunden!
„Oh mein liebes, armes Kind. Wir holen dich dort raus.“
„Wir können nicht zu nahe ran, sonst werden wir auch noch in die Haken geweht“, sagte Vervain. „Wir müssen einen Blumenstengel oder Stöckchen finden mit dem wir Sonnentropfens Flügel befreien können.“
Er und Trillium kehrten nach wenigen Minuten zurück. In der Zwischenzeit hatte sich Melianthe die Verletzungen an Sonnentropfens Flügeln näher angesehen, während Goldglöckchen versuchte ihre Tochter zu trösten.
„Ich fürchte sie wird nicht fliegen können, wenn ihre Flügel befreit sind. Sie sind zu sehr verletzt“, sagte Melianthe.
„Dann müssen wir sie eben auffangen“, antwortete Vervain. „Trillium und ich befreien ihre Flügel mit den Blumenstengeln und ihr beide fangt sie auf“, sagte Vervain. Vorsichtig begannen sie mit der Arbeit, während Goldglöckchen und Melianthe vorsichtig unter Sonnentropfen schwebten, um nicht selbst in die Haken geweht zu werden.
„Nicht mehr lange, mein Schatz. Keine Sorge, wir fangen dich auf“, sagte Goldglöckchen.
Es war prekäre Arbeit, aber schließlich gelang es ihnen Sonnentropfens Flügel von den Haken zu hebeln und sie fiel sicher in die Arme ihrer Mutter und Melianthe, die mit ihr zu einer nahe gelegenen Blume flogen. Goldglöckchen umarmte ihre Tochter eng und Vervain kam sogleich dazu.
Sternenblume war von Schuldgefühlen geplagt.
„Sie wird sich erholen“, hörte sie ihre Mutter in ihr Ohr flüstern, die neben ihr gelandet war und ihre Hand drückte.
„Wir müssen einen sicheren Ort finden an dem wir übernachten können. Es ist zu gefährlich Sonnentropfen in diesem Wind zu tragen und es ist sowieso zu dunkel, um etwas zu sehen“, sagte Trillium nach einigen Minuten.
Sie verbrachten die Nacht gemeinsam, ohne weitere Vorfälle, auf den Blättern eines Sonnenhuts. Glücklicherweise begann der nächste Morgen hell, und sie saßen gemeinsam nieder zu einem reichen Frühstück aus süßem Nektar der bald ihren Körper und Geist belebte. Aber was sollte nun mit Sonnentropfens zerfetzten Flügeln geschehen? Wiesenfeen haben sehr gute Selbstheilungskräfte, aber selbst dafür waren ihre Flügel zu sehr beschädigt.
„Ihr solltet die Königin um Rat fragen“, sagte Melianthe. „Sie wird wissen was zu tun ist.“
„Dann sollten wir sie schnell herbeirufen“, sagte Goldglöckchen.